Führung durch die Ausstellung: „Vergiss es! Nicht. Vom Erinnern und Vergessen werden“ im neuen Archiv der Stadt Köln am 25.01.2022
20 Kulturbeflissene waren neugierig, wie am Eifelwall der Wiederaufbau des Archivs als Gedächtnis der Stadt zu einem neuen Bürgerarchiv bewältigt wird. Bergen, Ordnen und Restaurieren ist derzeit der Leitgedanke der 200 Mitarbeiter. Wir erinnern uns: Am 03.03.2009 stürzte das ehemalige, vergleichsweise junge Archivgebäude von 1971, in der Severinstraße, durch Fehler bei Tiefbauarbeiten für die Kölner Stadtbahn in einen Schacht.
Ca. 30 Regalkilometer Archivalien wurden begraben. Aber der zunächst vermutete totale „Gedächtnisverlust“ der Stadt wurde schnell relativiert, berichtete Ausstellungskurator Dr. Max Plassmann, denn heute kann festgestellt werden, dass 90-95% der Archivalien geborgen wurden und zur Restaurierung anstehen. Ca. 18 % sind wieder nutzbar. Ferner erläuterte er uns im Foyer des Hauses die Baugeschichte des neuen Archivs. Details dazu würden hier zu weit führen und die Länge des Berichts sprengen, sie ist aber im Internet vielfältig nachzulesen. Nur so viel: Mit dem neuen Zweckbau (Kosten: ca. 90 Mio. €), der am 03.09.2021 eröffnet wurde, kann sich das größte deutsche Kommunalarchiv mit fast 22.000 Quadratmetern Nutzfläche und mit mehr als 50 Regalkilometern für zukünftige Aufgaben auch international gut sehen lassen. Der Kern des Gebäudes ist das sog. Schatzhaus, wo die manuell zu bedienenden Rollregale stehen, in der dreigeschossigen Mantelbebauung finden die Restaurierungsarbeiten statt. Die Besichtigung dieser Gebäudeteile war uns Corona bedingt aber leider nicht möglich. „Aber wir kommen gerne wieder“, so Roswitha Wilmer, „besonders, um mal den Restauratoren über die Schultern zu blicken.“
Herr Dr. Plassmann führte uns dann in den Lesesaal in die 1. Etage, der 45 Nutzern ausreichend Platz bietet und erläuterte den Zweck eines Bürgerarchivs mit einer Vielzahl von Serviceleistungen.
Zum Abschluss ging es zurück ins Erdgeschoss zur Ausstellung, zum eigentlichen Anlass unseres Besuches. 100 Archivalien ließen nun Erinnerungen und die Geschichtsschreibung lebendig werden. Bibelexemplare (Evangeliar von St. Gereon nach 996), Erinnerungsstücke (Verleihung des Ehrenbürgerrechts an Heinrich Böll von 1983), Urkunden (Stapelprivileg von 1259), historische Dokumente (Verbundbrief von 1396), Karneval in populären Darstellungen (Zeichnung der Hillige Knächte un Mägde von 1947), Familienchroniken (Deutschordensritter Werner Overstolz von 1446), ein unbekannter ramponierter Held (Statue aus dem 19. oder 20. Jhdt.) und vieles mehr ließen uns staunen und erfreuen, dass uns doch geschichtsträchtige Dokumente und Bilder als Kulturgut erhalten bleiben.
Herr Dr. Plassmann hatte großen Anteil an diesem kurzweiligen Nachmittag. Er trug nicht nur fachkundig und verständlich vor, sondern er brachte uns auch mit launigen Worten zur kölner Mentalität häufig zum Schmunzeln.
Der Nachmittag klang im Traditionscafe Osterspey auf der Luxemburger Str. mit Kaffee und Kuchen aus. Wir danken gerne wieder Roswitha und Alois Wilmer für die reibungslose Organisation.
Übrigens, für alle Fotoliebhaber bietet das angegliederte Rheinische Bildarchiv einen fast unerschöpflichen Fundus (ca. 5,4 Mio. Bilder).
Text und Bilder: Peter Schriefer