Besuch der Kirche Hl. Johannes XXIII

Brutalismus in Köln

Besuch der Kirche Hl. Johannes XXIII

Kirche Johannes XXIII

Nein, das ist kein Schreibfehler – hier geht es nicht um Brutalität, sondern um den Brutalismus, eine Spielart moderner Architektur. 32 Mitglieder des Heimat- und Kulturvereins  Hürth sind der Einladung zur Besichtigung der Kirche Hl. Johannes XXIII., eines prägnanten Beispiels dieses Stils, am obersten Ende der Berrenrather Straße in Köln-Sülz am 18. Februar 2020 gerne gefolgt. Die Kirche wird sowohl vom Erzbischöflichen Berufskolleg, das kürzlich einen Neubau direkt nebenan bekommen hat, als auch von der Katholischen Hochschulgemeinde Köln genutzt; als „Hausherr“ führte der für beide Einrichtungen zuständige Pfarrer Klaus Thranberend die Gruppe zunächst an den Außenbau heran und danach durch die Unterkirche in die Oberkirche.

Kirche Johannes XXIII

Der 1968/69 errichtete Bau ist nur vor dem Hintergrund des 1965 abgeschlossenen II. Vatikanischen Konzils zu verstehen, mit dem der Katholizismus in der Gegenwart ankommen wollte und daher bewußt Ausdrucksmittel der Zeit einsetzte. Und das war nun einmal der Brutalismus, d. h. das Bauen mit Sichtbeton, der die Spuren der Herstellung noch zeigen und nur durch andere „ehrliche“ Materialien wie Glas oder Stahl ergänzt werden sollte. Das verbindet die Kirche mit einigen fast zeitgleich errichteten Gebäuden der benachbarten Universität: Hörsaalgebäude, Philosophicum, Universitäts- und Stadtbibliothek und bald darauf die Chemischen und Physikalischen Institute.

Die Kirche wurde nicht von einem Architekten geplant, sondern sie ist nach einem Modell des Bildhauers Josef Rikus gebaut worden, und entsprechend plastisch sieht sie aus. Trotz des abweisenden Äußeren wirkt das Innere sowohl der eher dunklen Unterkirche als auch der durch große Glasflächen an zwei Seiten gut beleuchteten Oberkirche überraschend freundlich. Beide Räume sind mittig durch einen durchgehenden, aus vier Stützen gebildeten Lebensbaum miteinander verbunden. Er verbindet das „Grab“ der Unterkirche gleichsam mit der Erlösung in der Oberkirche.  Die Ausstattung beider Räume ist sparsam: Ein fester Altar in der Unterkirche, ein großes, modernes Triumphkreuz in der Oberkirche, dazu die Orgel – alles andere ist beweglich und dient, wie der Flügel, auch profanen Zwecken.

Kirche Johannes XXIII
Kirche Johannes XXIII

Nach der Besichtigung der Kirche, der leider das frühere Umfeld, in dem gemeinsam gelebt (Studentenwohnheime), studiert (Gemeindezentrum) und geglaubt (Kirche) werden sollte, durch die Veränderungen der letzten zwei Jahrzehnte abhanden kam, ging die Gruppe zum „gemütlichen Teil“ im „Haus Unkelbach“ an der Luxemburger Straße über. Doch vorher erhielten die Organisatoren wie der geduldige Führer den gebührenden Applaus!

Text: Dr. Karl-Ferdinand Beßelmann
Foto: Johannes Berkle