St. Ursula und die Legende zu den 11.000 Jungfrauen

Mittwoch 15.03.2023  – Vortrag von Dr. Thomas Höltgen  

 Auf Einladung des HKV berichtet Dr. Thomas Höltgen über die Forschungen zu der Legende von den 11.000 Jungfrauen, die in Köln den Märtyrertod gestorben seien. Die Legende habe über die Jahrhunderte viele Ausschmückungen erfahren. Ausgrabungen in 2016/2017 in der Kirche St. Ursula zu Köln haben wesentliche Erkenntnisse zur Entstehungsgeschichte dieser Legende gebracht. So erzählt die Legende von einer britannischen Königstochter, die sich der ewigen Jungfernschaft verschrieben haben soll. Nach dem Willen ihres Vaters sollte sie mit dem heidnischen Prinzen Aetherius verheiratet werden. Die Prinzessin habe aber nur unter der Bedingung eingewilligt, dass der Prinz sich binnen drei Jahren christlich taufen lässt.

Der Legende nach sei die Prinzessin dann mit 10 weiteren „Jungfrauen“ (jungen Frauen) per Schiff zu einer Pilgerreise nach Rom aufgebrochen. Diese Reise ging über die Nordsee, den Rhein stromaufwärts bis nach Basel und dann über Land nach Rom. Die „Jungfrauen“ seien jeweils von 1000 Mägden begleitet worden. Auf der Rückreise sollen die „Jungfrauen“ bei Köln den Märtyrertod gestorben sein.

Vortrag St. Ursula

Die Wissenschaft streitet darüber, wann und durch wen sie umgebracht worden seien. Die Legende spricht davon, dass sie von Hunnen umgebracht wurden. Der Hunnenkönig Attila habe der Prinzessin (für die später der Name Ursula genannt wird) angeboten, sie am Leben zu lassen, wenn sie ihn heiratete. Die Prinzessin habe aber den Märtyrertod vorgezogen. In der Wissenschaft sei es strittig, ob der Tod der „Jungfrauen“ den Hunnen zugeordnet werden könne. Diese waren Mitte des 5. Jahrhunderts in Westeuropa und wurden 451 n. Chr. entscheidend auf den Katalaunischen Feldern geschlagen und aus Westeuropa verdrängt. Waren es die Hunnen, die die 11.000 „Jungfrauen“ ermordet haben? Laut Herrn Dr. Höltgen gäbe es keine historischen Belege dafür, dass die Hunnen überhaupt in Köln gewesen seien. Die Wissenschaft tendiert dazu, das Ereignis der Ermordung der „Jungfrauen“ (wie viele es auch immer gewesen sein mögen) ins 4. Jahrhundert zu datieren.  Sie könnten auch der römischen Christenverfolgung zum Opfer gefallen sein. Die Forschung geht bei der Nennung von 11.000 „Jungfrauen“ von einem (vielleicht auch einem bewussten) Lesefehler aus. Die Abkürzung „XI M.V.“ („undecim Martyres Virgnes“ = 11 jungfräuliche Märtyrerinnen) wurde eventuell fälschlich als „undecim Mille Virgines“ gedeutet.  Der Name Ursula wurde erst im 10. Jahrhundert in der „passio ursulae“ erwähnt.  In dieser „passio ursulae“ ist darüber hinaus von 10 Gefährtinnen Ursulas die Rede, die jeweils 1000 Jungfrauen (Mägde) als Begleitung gehabt hätten. Die Wissenschaft tendiere derzeit dazu, die Lebenszeit der legendären „Jungfrauen“ in das 4. Jahrhundert zu datieren und die Tötung der Frauen schreibt sie der römischen Christenverfolgung zu. Der Grabbau, dessen Fundamente innerhalb der heutigen Kirche St. Ursula gefunden wurden, lag außerhalb der damaligen Stadtmauern. Rund um den Grabbau wurden unzählige Gräber gefunden, die leider von Reliquiensammlern im Verlaufe der Geschichte geplündert wurden. Auffallend ist, dass dort überproportional viele Kindergräber waren.

Text: Johannes Kania, Foto: Alois Wilmer