Eines der imposantesten Eindrücke der Stadt Hürth bietet der Knapsacker Hügel. Von weither sichtbar grüßen seit mehr als hundert Jahren große Industriekomplexe mit ihren Wolkenfahnen den Besucher. Bei einem Besuch des RWE-Goldenbergwerkes hatten interessierte Mitglieder des Heimat- und Kulturvereins die Gelegenheit, einen Teil dieser Unternehmen kennenzulernen.
Langjährige Mitarbeiter des RWE – Herr H.J. Frank und Herr F. Fassbender – erläuterten mit Film und Vortrag die Geschichte des Goldenbergwerkes und die Herstellung von Strom. Vielen älteren Hürther Bürgern dürften noch die großen Schornsteine – genannt die 12 Aposteln – als Markenzeichen der Knapsacker Industrie in Erinnerung sein. Mit dem imposanten Vorschaltwerk und seiner Leistung von 150 MW galt dieses Werk für lange Jahrzehnte als eines der größten und modernsten Kraftwerke Europas. Mit ehemals mehr als 1600 Mitarbeitern wurde jedoch nicht nur Strom erzeugt. Alle Industrieunternehmen auf dem Knapsacker Hügel wurden früher und auch heute nicht nur mit Strom versorgt, sondern auch mit Prozessdampf und heißem Wasser für die Herstellung ihrer Produkte. Seit mehr als 30 Jahren beliefert das RWE zusätzlich das Fernwärmenetz der Stadt Hürth. Bei dieser Kraftwärmekopplung wird ein Teil des heißen Dampfes aus der Turbine ausgekoppelt und in das Fernwärmenetz geleitet. Durch moderne Technik und computergesteuerte Abläufe kann heute im 3-Schichtbetrieb ein Vielfaches an Energie mit nur 120 Mitarbeitern produziert werden.
Im Laufe seiner 100-jährige Geschichte wurde das Werk ständig umgebaut, erweitert und modernisiert. Selbst nach der totalen Zerstörung Ende des Krieges konnte die Produktion relativ schnell wieder hergestellt werden. Inzwischen ist die Stromproduktion dramatisch gefallen, da die staatliche Unterstützung für die alternativen Energien die Produktion von Strom mit fossilen Brennstoffen unwirtschaftlich macht. Bei einem Überangebot an Strom kann sogar für die Abnahme eine Strafgebühr fällig werden.
Nach dieser Einführung mit Helm, Warnweste und Schutzbrille versehen, hatten wir dann Gelegenheit, Werksgelände und Maschinenhaus zu besichtigen. Viele freie Flächen und leerstehende alte Gebäude zeigen, dass in früherer Zeit viel Platz und Mitarbeiter nötig waren, um den Betrieb sicherzustellen. Moderne Technik und Automatisierung erlauben es heute, platz- und personalsparend zu produzieren.
Beeindruckend in jedem Kraftwerk ist das Kesselhaus, wo die Braunkohle nach entsprechender Aufbereitung vermischt mit Zuschlagsstoffen verbrannt wird. Das hier eingesetzte Wirbelstromverfahren erlaubt es, entstehende Schadstoffe schon während des Verbrennungsvorganges zu vermeiden, so dass nachfolgende Reinigungs- Prozesse entfallen z.B. Rauchgasentschwefelung. Der noch anfallende Gips wird zusätzlich als Baumaterial verwertet. Neuerdings werden im Kesselhaus auch Klär- und Abfallstoffe umweltfreundlich verbrannt.
Im Turbinenhaus befinden sich die Turbine und der Generator. Das dumpfe Dröhnen und Vibrieren aller Aggregate lassen die ungeahnten Kräfte spüren, die hinter den wuchtigen Rohren und Leitungen wirken. Im computergesteuerten Leitstand werden alle Signale und Meldungen gespeichert und auf großen Bildschirmen angezeigt. Auch wenn viele Abläufe automatisch geregelt werden, müssen in kritischen Fehlerfällen die Mitarbeiter manuell eingreifen. Durch den Verbund mit den anderen Kraftwerken ist aber immer eine gesicherte Versorgung der Kunden gewährleistet.
Das Dach des Maschinenhauses bietet einen beeindruckenden Ausblick auf die umgebende Landschaft: Die Stadt Köln, Kölner Bucht, Siebengebirge, rundherum dichter, grüner Wald, freier Blick bis in Voreifel, Glessener Höhe, Sophienhöhe. Von diesem Aussichtspunkt scheint die Stadt Hürth dort unten eine grüne Oase mit weiten Feldern, Seen und Wäldern zu sein.
Allein dieser Panaromablick vom höchsten Punkt unserer Stadt hat den Besuch gelohnt.
Text: Paul Breuer
Fotos: Heinz Wöllert