Amprion hält die Spannung hoch

Vortrag am 26. 10. 2022
von Frau Joëlle Bouillon 

Unter diesem Titel hatte der HKV eingeladen. Unsere versierte Referentin meinte aber, statt „hoch“ solle man besser „stabil“ sagen … Die Amprion GmbH ist der Netzbetreiber, der „Spediteur für Strom“, in 2003 von RWE ausgegliedert, RWE hält nur noch 25,1% der Anteile.

Herr Dr. Karaus begrüßte Frau Bouillon mit launigen Worten und übergab ihr dann selbiges (!).

Es wurden spannende 100 Minuten, in denen Frau Bouillon den anwesenden Mitgliedern über Netzbetreiber, Netzaufbau, Netzentgelte, Ultranet, Gleichstromverbindungen und Umspannungsanlagen berichtete und viele Fragen beantwortete.

Angefangen hat alles damit, dass viele Kohle- und Atomkraftwerke abgeschaltet wurden bzw. werden. Dafür wird Wind- und Sonnenenergie weiter ausgebaut, vor allem in Norddeutschland und in den Offshoreparks vor der Küste. Damit der höhere Bedarf an Strom in den Westen und Süden Deutschlands befördert werden kann, bedarf es des Netzausbaus. Es müssen zusätzliche Leitungen, möglichst auf bestehenden Trassen gebaut werden, so auch in Hürth. Ca. sechs Jahre hatte sich Hürth gegen die etwa 80 m hohen Masten gewehrt, 15 sind inzwischen im Bau oder fertig und z. Z. werden dicke Leiterseile gespannt. Ein Stück davon wurde herumgereicht: siebenadriger Stahlkern (60mm2) mit einem äußeren Geflecht aus Aluminiumadern, das Ganze etwa 25 mm dick.

Amprion, einer von vier deutschen Netzbetreibern, versorgt über sein Höchstspannungs- bzw. Übertragungsnetz von 11.000 km 29 Mio. Menschen von Niedersachsen bis zu den Alpen. Es werden drei Verteil- und Überwachungszentralen betrieben, eine davon in Brauweiler. Hier arbeiten rund um die Uhr Schaltingenieure und wachen vor wandfüllenden Bildschirmen über die erforderlichen Stromverteilmengen. Auch Wind und Wetter des nächsten Tages werden in die Bedarfsplanung eingebunden.

Auf den Höchstspannungsübertragungsmasten werden 110- und 380 kV Seile montiert. Eine der bisherigen Wechselstromleitung am Mast soll später mit Gleichstrom betrieben werden. Dieser hat auch bei langen Übertragungswegen kaum Verluste, nur etwa 2 %. Wechselstrom ist für kürzere Wege sinnvoll. In früheren Jahren wurden lange Übertragungswege nicht benötigt. 

Über die Mastspitzen läuft ein „Erdseil“. Dieses dient als Blitzschutz, kann auch zur Datenübertragung optimiert werden. Auf einem Mast sind mehrere Stromkreise mit je drei Phasen möglich. 

 Alle Leitungen sind mit elektrischen oder Magnetfeldern umgeben. Elektrische Felder dringen nicht in den Körper ein, magnetische zwar schon, aber ihre Werte seien im Umfeld der Leitung zu gering, um eine gesundheitliche Auswirkung zu haben. Die gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte würden deutlich unterschritten. Die Wohnhäuser in Hermülheim stünden auf jeden Fall weit genug weg. 

Freileitungen haben gegenüber unterirdisch verlegten Erdkabeln hohe preisliche Vorteile – letztlich auch für den Stromkunden und sind im 380-kV-Wechselstromnetz Stand der Technik. Sowohl für den Bau einer Freileitung als auch für Erdkabel muss mit jedem Grundstückseigentümer ein Vertrag geschlossen werden. Erdkabel würden in Schutzrohren 1,5 bis 2 m tief verlegt. Die Wärmeentwicklung sei für den Pflanzenanbau unkritisch. Bisher wurden nur auf kurzen Strecken zum Beispiel im Münsterland Erdkabel verlegt. 

Zum Schluss dankte Herr Dr. Karaus der Referentin für ihren mit großem Sachverstand vorgetragenen Bericht und die interessanten Erkenntnisse, die die Zuhörerschaft gewonnen hat. Mit viel Applaus wurde Frau Bouillon verabschiedet.

Text: Friedrich Knäpper