Leseabend mit Peter Christoph Neu und Lothar Lax

Leseabend im Löhrerhof am 5. Februar 2015

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch die Lesung von Peter-Christoph Neu, dem Herausgeber des „Kriegstagebuchs“ seines Großvaters, Dr. med. Carl Neu

Zur Einführung in das Thema wählte Peter Neu Sequenzen aus dem Album „Lament“ der Band „Einstürzende Neubauten“, uraufgeführt im belgischen Diksmuide, im Ersten Weltkrieg Schauplatz schrecklicher Schlachten.

Zur Lesung, die durch Fotos als Zeitdokumente auf einer Leinwand anschaulich unterlegt wurde:
Am 2. August 1914, „abends 6 Uhr“, wird Dr. Carl Neu als Oberarzt zur 2.Sanitätskompanie des XVI. Armeekorps, 33. Division, einberufen. Es folgt ein hastiger Aufbruch am 3. August morgens früh, auf dem Bahnhof ein „schlimmer und bitterer Abschied“ von seiner Frau und Familie und gleichzeitig empfindet er „im tiefsten Inneren“ die Pflicht einer „bedingungslosen Hingabe an die große Sache“. Als ihm an einer Bahnhofsrampe im Kylltal ein Mädchen zuruft: „Schlagt sie alle kaputt“, vermerkt er: „Vom Heldenhaften zum Hässlichen ist nur ein Schritt. Hier kam die Volksseele unverfälscht zum Ausdruck.“ Und dennoch, im Sog der im deutschen Kaiserreich Wilhelms II. überschäumenden, aber trügerischen Kriegsbegeisterung lässt sich der junge Arzt dazu hinreißen hinzuzufügen: „Das Mädchen hatte recht. Vernichtung muss unsere Losung sein neben der rücksichtslosen Hingabe an die große heilige Sache.“

Zwanzig Tage später, an der Front, gibt es nur noch die blutige Realität. Dr. Neu operiert unzählige Verwundete, ohne Unterschied Franzosen und Deutsche, bis spät in dieNacht, bis zur Erschöpfung. Eintrag: „Was ist der Krieg für eine furchtbare Sache. Am Horizont eine Menge brennender Dörfer, entsetzliche Verstümmelungen durch Granatfeuer.“ Er schildert das Leiden der Zivilbevölkerung, „… in Sancy die ersten Kriegsgräuel“.
Wie viele Ärzte an der Front leistet er Übermenschliches, erleidet einen Zusammenbruch. Daraufhin wird er nach Garmisch in Bayern in ein Lazarett geschickt, wo er später wieder alsArzt arbeitet.

Der Enkel, Peter Neu, hat nie erlebt, dass sein Großvater vom Krieg erzählt hat: „Eine gewisse Sucht nach Beruhigungsmitteln führe ich auf seine schrecklichen Kriegserlebnisse und deren Verdrängung zurück.“ Für viele überlebende Zeitgenossen dieser Epoche bleibt die Erfahrung dieses Krieges ein Trauma mit psychischen und körperlichen Verstümmelungen und manche von ihnen erfahren 21 Jahre später, dass Deutschland erneut in eine Katastrophe hineinschlittert.


 

Lesung: Lothar Lax, Schicksalhafte Begegnung im Tal der Wupper

Lothar Lax wurde 1941 in Wuppertal-Barmen geboren. Der Roman weist daher autobiographische Züge auf.

Die Handlung beginnt im Jahr 1955, also in der Nachkriegszeit, in Wuppertal und Köln, Städte, die immer noch stark vom Krieg gezeichnet waren. „In die Handlung sind historische Ereignisse der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts einbezogen.“ Der Autor „beschreibt die soziale und gesellschaftspolitische Situation der Generationen, die den Schrecken des Krieges überlebten und nun beginnen, an eine bessere Zukunft zu glauben. Geschichtliche Ereignisse dieser Zeit sind unmittelbar mit der Handlung verbunden.
Im Mittelpunkt stehen zwei junge Menschen, Robert Lambertz und Heike Vorbeck. Sie wachsen in Familien auf, die unterschiedlicher kaum sein können, und doch verbindet beide mehr, als sie es bei ihrer ersten Begegnung ahnen können.“(Auszug Klappentext)
Lothar Lax verstand es, den Spannungsbogen der Handlung bis zum Ende seiner Lesung aufrecht zu erhalten, ließ aber den Schluss verständlicherweise offen. Die stimmungsvolle Veranstaltung beeindruckte durch Inhalt und Darbietung der Texte und wurde gewürdigt durch ein hoch interessiertes Publikum.
Der Pianist Jan Frein begleitete beide Lesungen mit gekonnter Improvisation konzertanter Musikstücke zwischen den einzelnen Textpassagen.
In der Pause und am Ende der Veranstaltung, an der ca. 40 Zuhörer/Innen teilnahmen, hatte jeder noch die Gelegenheit, ein Gespräch bei einem Glas Wein mit den Autoren zu führen.
Der Abend war eine bereichernde Erfahrung für alle.

Text: Ingeborg Haschke


Kriegstagebuch: 2. August bis 15.Oktober 1914 von Dr.med. Carl Neu, Cöln
zu bestellen als book-on-demand
Google/Amazon, gedrucktes Exemplar ausgestellt in:
Köln 1914, Kölnisches Stadtmuseum

Lothar Lax: Schicksalhafte Begegnung im Tal der Wupper
im Selbstverlag über: lothar@lax-huerth.de