Die schäl Sick von Köln

Führung durch den Kölner Stadtteil Deutz am 9.8.2019 

mit Herrn Günter Leitner 

Trotz des zu erwartenden Regens trafen sich 30 HKV-Mitglieder am Bahnhof Deutz, um die älteste Vorstadt Kölns kennen zu lernen. Unter kundiger Führung von Herrn Leitner – langjähriger Kommunalpolitiker in Köln – wusste er nicht nur bekannte und neue kulturhistorische Entwicklungen aufzuzeigen, sondern auch manche politischen Hintergründe und Zwänge anzudeuten, der viele Baumaßnahmen unterliegen.

Führung durch den Kölner Stadtteil Deutz

Köln-Deutz ist mit seinen 15.000 Einwohnern der älteste Vorort Kölns. Gegründet in spätrömischer Zeit als Garnisonstadt für bis zu 800 römische Legionäre, sollten hier die wachsenden Angriffe germanischer Völker abgewehrt werden. Die von den Römern erbaute Schiffsbrücke erleichterte dabei nicht nur den Handelsaustausch zwischen dem römischen Köln und den Germanen. Vor allem konnten bei Angriffen schnell Truppen auf das rechtsrheinisch, germanische Ufer gelangen. Reste dieses römischen Kastells „Divitia“ sind als Bodendenkmal noch zu besichtigen.

Wegen Platzmangels in Köln waren mit Beginn der Industrialisierung zu Ende des 19. Jahrhunderts Industrieunternehmen gezwungen, größere Produktionsstätten außerhalb des Zentrums anzusiedeln. Dabei bot sich die „Schäl Sick“ als Alternative an. Die alte Dombrücke, im Volksmund als Muusfall bekannt, – später Hohenzollernbrücke – erleichterte dabei den Warenaustausch. Bekannte Unternehmen wie Klöckner Humboldt Deutz, Chemische Fabriken, Felten & Guilleaume (F&G, Seilerei und Kabelfabrik), um nur einige zu nennen, trugen mit tausenden von Mitarbeitern zum ständigen Wachstum bei. 

Allein die Köln Messe hat durch ständige Erweiterungen die Zeiten überdauert. Inzwischen sind die meisten Werksgebäude durch moderne Hochbauten für Dienstleistungsunternehmen und Verwaltungsgebäude ersetzt: Der Landschaftsverband Rheinland (LVR), Versicherungsunternehmen, RTL, Lanxess, Kölner Triangel, Hotelketten (Hyatt), um nur einige zu nennen. Trotz aller Schwierigkeiten beim Bau des Rheinboulevards (oder sind das fehlerhafte Bauplanungen?) wird der Besucher mit einem beeindruckenden Blick auf das Kölner Rheinufer entschädigt.

Wenigen Kölner aber dürften die eigentlichen Wohngebiete von Deutz – abseits vom Rheinboulevard gelegen – bekannt sein. Für die vielen Beschäftigen der wachsenden Industriefirmen entstanden durch genossenschaftliche Wohnungsbauvereine zu Anfang des 19. Jahrhunderts große Siedlungsbauten. Dank regelmäßiger Renovierung, günstiger Mieten und guter Verkehrsanbindung sind diese Wohnungen auch heute noch sehr gefragt.  

Beeindruckend war der Besuch der neo-romanischen Kirche Neu St. Heribert.

Führung durch den Kölner Stadtteil Deutz, Kirche Neu St. Heribert

Nach schweren Kriegszerstörungen wurde diese Basilika in den 60-er Jahren wieder aufgebaut. Von außen eher unscheinbar, überrascht die Pfarrkirche – der Düxer Dom – im Innern mit einer Vielzahl farbigen modernen Fenstern. Die Verglasung des Chores und der Seitenfenster mit abstrakten Darstellungen der Bibelgeschichte tauchen die Kirche in ein farbenprächtiges Lichtspiel. 

Keiner hatte erwartet, dass diese Pfarrkirche eines der Hauptwerke der romanischen Goldschmiedekunst beherbergt: den Heribertschrein. Mit seinen kostbar silbervergoldenen, mit Edelsteinen und Emailarbeiten verzierten Figuren aus der Bibelgeschichte zählt er weltweit zu den kostbarsten Schreinen des Mittelalters.  

Am Ende der Führung konnten alle noch einen Blick auf Kölns bekanntestes Brauhaus und Jugendhotel werfen: Die Kneipe „Lommersheim“, auch nach Neueröffnung noch immer als „In-Kneipe “ ein Geheimtipp und Deutschlands bekanntesten internationalen Jugendtreff die  „Kölner Jugendherberge“.

Nach diesem dreistündigen Spaziergang durch ein unbekanntes Deutz konnte sich jeder im Deutzer Brauhaus mit einem frisch gezapften „Kölsch“ für die Heimfahrt stärken.

Text: Paul Breuer
Fotos: Peter Schriefer